Die Karwoche begann mit einem Bild, dessen ikonische Kraft sich beim ersten Anblick entfaltete: Notre-Dame de Paris in Flammen. Für manche brannte dort ein Wahrzeichen Frankreichs und der europäischen Kunstgeschichte, für die anderen ein Symbol von Herrschaft, Macht und Unterdrückung. Diese Parallelisierung von brennender Kirche und ertrinkenden Flüchtenden erscheint angesichts der medialen Aufmerksamkeitsökonomie naheliegend. Worüber wir öffentlich reden, hat Einfluss auf unser Bewusstsein und Engagement. Sie schießt aber gleichzeitig über das Ziel hinaus, weil spontane Trauer über die mögliche Zerstörung eines einzigartigen Kulturguts nicht bedeutet, dass man seinen Sinn für Verhältnismäßigkeiten verloren hat.

Source: Frankfurter Allgemeine Zeitung May 01, 2019 19:24 UTC